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AMORC Magazin 1|2013

34 Der Autor begreift sein Buch als einen Weckruf an jeden einzelnen von uns, damit in einer Gesellschaft, die von den Medien in ihrer Wahrnehmung beherrscht wird, nicht eine der wichtigsten Fähigkeiten des Menschen verloren geht, nämlich selbst zu denken. Denn was verlorengeht, kann ein anderer finden und gegen den ursprünglichen Besitzer verwenden. Das „Selbst denken“ stößt in unserer Ge- sellschaft jedoch sehr schnell an die Grenze des eigenen Selbstverständnisses und die unbequeme Erkenntnis, dass wir vieles, was in unserer Gesellschaft schief läuft und kritisieren, in unserem eigenen nicht zu Ende gedachten Verhalten ebenso antreffen, weil es ja, so suggerieren es uns zumindest täglich die Medien, alle machen. Was alle tun erscheint unserem Gewissen als akzeptiertes Verhalten und so können wir auch weiterhin in der sogenannten „Komfortzone“ unseres eigenen Lebens beruhigt verweilen. Hier setzt Harald Welzer an und gibt uns im ersten Teil seines Buches erschreckend viele Beispiele in denen - bezogen auf die Langzeit- folgen für Natur und Mensch - Wirtschaft und Politik im Gleichschritt als Entscheidungsträ- ger Bedingungen schaffen, die letztlich in der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen münden. Der Autor unterstellt den politisch- wirtschaftlich Agierenden, dass dieses Nicht- Erfassen der zerstörerischen Konsequenzen durch den Bürger systemimmanent und ge- wollt ist: Würden diese die ganze Tragweite von Entscheidungen gedanklich durchdenken und erfassen, würden die Bürger sofort ihrer Verantwortung gerecht und essentielle Än- derung initiieren. Die großen Errungenschaften einer für das Wohl aller Menschen gedachten Demokra- tie wird in ihr Gegenteil verkehrt und statt miteinander für eine bestmögliche Lebens- zeit jedes einzelnen auf diesem Planten zu agieren, sind die etablierten Werte heute: Individuelle Konkurrenz, Profitgier, Macht und die Verfügbarkeit von allem für jeden zu jeder Zeit. Die in den letzten 60 Jahren politisch- wirtschaftlich verantwortlich Handelnden werden als eine der Hauptursachen für den bedenklichen Zustand unserer Welt aus- gemacht, und die fast schon täglich neuen Enthüllungen und Skandale sind hierfür mehr als nur Bestätigung. Doch wie kann jeder Einzelne damit leben? Hier hilft bedauerlicherweise (so Harald Welzer) auch wieder die Inkonsequenz im ei- genen Denken. Denn indem ich nicht weiter darüber nachdenke, welche seltenen Erden oder Bodenschätze für z. B. die Produktion von Handys benötigt werden oder unter welchen unmenschlichen Bedingungen Kleidung in Asien produziert wird, besteht auch keine Notwendigkeit, das eigene Kauf- Verhalten, zu hinterfragen. Im zweiten Teil seines Buches wird ein Lösungsansatz präsentiert, der für jeden von uns möglich ist, auch wenn wir hierfür unsere „Komfortzone“ verlassen müssen. Und diese Lösung ist radikal in ihrer Kon- sequenz! Achtsamkeit wird der Effizienz, Genauigkeit der Schnelligkeit, das „Einfach weiter so“ dem Innehalten gegenüberge- stellt. Und mit achtsamem, genau hinschau- endem Innehalten entsteht automatisch die notwendige Einsicht für eine Veränderung hin zur „reduktiven modernen Weltanschauung“. Der Gewinn wird in einem selbstverantwort- lichen Leben liegen, das für uns heute so noch nicht erkennbar ist, da unser Leben im eigentlichen Sinn des Wortes gelebt werden will, mit all seinen Unwägbarkeiten, Erfol- gen, Misserfolgen und dem immer wieder neu gewagten Experimentieren mit dem Leben an sich. Es gibt kein Patentrezept für ein sicheres Leben, aber es gibt die Aussicht auf ein erfahrbares, lebenswertes Leben im Kontakt mit dem eigentlichen Sinn des menschlichen, kollektiven und individuellen Seins. Harald Welzer präsentiert viele Beispiele über solche Erfahrungen und jedes ein- zelne lässt die Lebendigkeit der gelebten Erfahrungen nachspüren und den Zugewinn für jedes Leben sichtbar werden. So wirkt bereits das Lesen dieser Beispiele als ein Weckruf an die wichtige Fähigkeit eines jeden Menschen und fordert auf: Denken Sie selbst! LESEN, HÖREN, SEHEN – FÜHLEN Eine Anleitung zum Widerstand Harald Welzer Selbstdenken ISBN 978-3-100894-35-9 328 Seiten | 19,99 Euro

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